Con Dao, Can Tho und Saigon
Entspannter Inselvibe und die schwimmenden Märkte
Bericht No. 04
Quick Facts
- Region: Südvietnam
- Reisezeitraum: 20.12.2019 – 01.01.2020
- Route:
I. Con Dao Island
Hart erkämpftes Inselfeeling
Die 838 km Luftlinie zwischen Da Nang und Con Dao entsprechen auf dem Landweg über 1000 km bis ins Mekongdelta und zusätzlich einer zweieinhalbstündigen Überfahrt mit der Fähre zur Insel. Wir sparen uns die ersten 800 km Busfahrt und fliegen in weniger als einer Stunde von Da Nang nach Ho-Chi-Minh City. Mehr als eine Stunde brauchen wir dann um einmal durch die Stadt zum Busbahnhof zu kommen. Da die Schlafbusse auch tagsüber für die Strecke nach Soc Trang genutzt werden, verbringen wir rund 4 Stunden liegend. Während es beim Blick aus dem Fenster in HCMC noch äußerst hektisch zugeht fallen weiter südlich die vielen Hängematten am Wegesrand auf. Ein Päuschen scheint hier offensichtlich wichtig zu sein.
Der geliebte Nachtbus – Diesmal Nachtbus am Tag. Könnte auch bequemer sein.
Obwohl wir erst am Abend ankommen gefällt uns das aufgeräumte Soc Trang gut. Fast keine Touristen und ein kleiner Nachtmarkt direkt neben unserem Hotel. Dort sind wir die einzigen Ausländer und probieren unseren ersten vietnamesischen Hot Pot. Eine große Schale mit Suppe wird von unten befeuert. Alle weiteren Zutaten stehen frisch bereit und werden Bissen für Bissen darin versenkt und gegessen. Wie das genau funktioniert zeigt uns glücklicherweise unsere nette Bedienung. Und so sitzen wir zwischen lauter Einheimischen und schlemmen unseren leider doch recht scharfen Hot Pot. Vielleicht etwas zu scharf für uns nachdem wir außer einem Banh Mi (von französischem Baguette inspiriertes Sandwich) mit Chilisoße vom Mittagessen sonst wenig im Magen hatten.
Die Tische an denen bereits gegessen wurde ähneln einem Schlachtfeld. Obwohl es an jedem Tisch sogar einen kleinen Eimer gibt werden Essensreste und benutzte Servietten gerne auf den Boden geworfen. Auf dem Tisch verteilt stehen natürlich zahlreiche Schüsseln, übrig gelassene Kräuter und Getränke. Wir können nicht aus unserer Haut und stellen unsere Schüsselchen möglichst fein säuberlich gestapelt zusammen.
Local Night Market – Hot Pot auf Empfehlung in Soc Trang – sehr lecker!
Am nächsten Morgen geht es mit etwas flauem Magen zur Speedboat-Fähre. Die ausgegebenen Kotztüten verheißen nichts Gutes. Der Wellengang ist ziemlich hoch und das Boot neigt sich gefühlt im 90 Grad Winkel in beide Richtungen. Schön schaukelig. Toll ist der Moment als der Bug des Schiffes so fest auf die Wellen knallt, dass der Fernseher ausfällt. Das soll bestimmt so. Um uns herum werden die Tüten schon nach kurzer Zeit benutzt und wir starren beide konstant auf den Horizont, um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden, was zum Glück klappt. Wenigstens pünktlich erreichen wir nach langen 2,5 Stunden Con Dao und alle Übelkeit ist schnell vergessen.
Wir werden von der Homestay Inhaberin Pun herzlich empfangen und verbringen eine knappe Woche auf der Insel. Mit unserem Roller sind wir mobil und finden schnell unsere Lieblingsorte. Bei dem kleinen Suppenrestaurant Pho Len werden wir mit einem Lächeln empfangen, wenn wir wieder mal zum Essen kommen. Wir machen Wanderungen und nachmittags steht meist der Besuch unseres Lieblingsstrandes an. Eine beschauliche Insel auf der man sich immer wieder trifft.
Con Dao – Zusammenschnitt unserer Tour zum Sonnenuntergang.
Am 24.12. erfahren wir mehr über das dunkle Kapitel der Insel. Über 100 Jahre lang diente das paradiesische Stück Land als Gefängnisinsel. Im Jahr 1861 begannen die Franzosen und auch während des amerikanischen Krieges wurde die Insel weiterhin für diesen Zweck genutzt. Die Gefängnisse befinden sich fast unmittelbar am Strand. Sanfte Wellen, Sand und Palmen lassen nicht erahnen, welche grausamen Taten sich hier abspielten.
In den „Tiger Cages“ wurden Gefangene von oben durch Gitter gefoltert und in sogenannten „sunbathing cells“ – also Zellen ohne Dach – waren sie schutzlos der sengenden Sonne ausgesetzt. Tausende politische Gefangene wurden gefoltert und rund 20.000 starben auf Con Dao. Seit 1975 hat der Schrecken zum Glück ein Ende. Schwere Kost für diesen Tag und irgendwie auch schwer fassbar, wie sich innerhalb nicht allzu langer Zeit völlig verschiedene Realitäten am gleichen Ort abspielen können.
Am Morgen unserer Rückfahrt weht der Wind nochmal deutlich stärker als bisher. Beste Vorzeichen für unsere Rückfahrt. Kurz habe ich die Fantasie, dass wir aufgrund des Wetters „leider“ auf Con Dao festsitzen und noch ein, zwei Tage bleiben müssen. Die Fähre startet aber trotzdem und es ist fast noch schaukeliger als bei der Hinfahrt. Zum Glück sind aber nur wenige Plätze besetzt und so ist alles erträglicher.
II. Can Tho
Schwimmende Märkte und Kennenlernen einer vietnamesischen Familie
Unser nächster Stopp ist Can Tho. Die Stadt am Mekong ist für ihre schwimmenden Märkte bekannt. Wir übernachten zum ersten Mal bei einer vietnamesischen Familie. Die Schwiegertochter Dung hat das Zimmer bei Airbnb eingestellt und dort alles im Griff. Die Einnahmen überzeugten dann auch die Schwiegermutter und ihre anfängliche Sorge bestohlen zu werden war schnell verflogen. Das Haus ist klein und wir haben das einzige abschließbare Zimmer und sogar ein eigenes Bad. Es schlafen aber insgesamt 7 Personen darin. Neben uns noch Dung mit ihrem Mann und kleinem Sohn und die Schwiegereltern. Die Nachbarschaft ist nett und wir sind tatsächlich die einzigen Touristen. Dung gibt uns tolle Essenstipps und so bekommen wir für 50 Cent eine große Schüssel Wantan-Suppe also eine Art asiatische Fleischtortellini. Lecker!
Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen, um das Treiben auf den schwimmenden Märkten zu beobachten.
Cai Rand Floating Market – Weniger Markt, mehr Toursitenattraktion am morgen.
Wir sind etwas enttäuscht, da vor allem Großhändler mit ihren Booten voll von haltbaren Waren wie Ananas und Melonen an kleinere Boote verkaufen. Auch schön anzusehen aber wir hatten uns kleine Boote mit frischem Obst und Gemüse vorgestellt. Das Suppenfrühstück auf dem Boot schmeckt mal wieder lecker und danach geht es zu einer touristischen Nudelproduktion, die wir schnell skippen. Danach gehts zur Coconut Candy Produktion, für das die Region bekannt ist. Beides ist uns nach der Privattour in Pu Luong etwas zu touristisch, nur die Schokoladenfarm ist noch wirklich nett und nicht überlaufen. Und leckere Schokolade ist einfach sehr überzeugend.
Dung gibt uns währenddessen auch einen Einblick in die Situation vieler junger Vietnamesen. Ihr Mann und sie haben beide studiert, finden in ihrem Fach aber keine Arbeit. Und so arbeitet sie bei einer Immobilienfirma, annonciert bei Airbnb und abends verkaufen beide noch den Nachtisch „Che Buoi“, der aus Pomelos hergestellt wird. Dank ihres Marketingtalents läuft dies aber gut und wir ergattern zum Glück noch einen der letzten und äußerst leckeren Nachtische. Auch ein paar Freunde sind da und wir versuchen uns mithilfe von Google Translate mit ihnen zu unterhalten.
Am nächsten Morgen zeigt uns Dung ihr Frühstückslokal und so essen auch wir echt vietnamesisches Entensuppe. Dung bestellt sich extra noch den Entenmagen dazu. Für uns sind die Blutwurststückchen in der Suppe schon exotisch genug. Alles schmeckt frisch aber so ganz mein Fall ist Ente nicht. Vor allem morgens. Nun geht es dank Dungs Reiseerfahrung im Luxus-Schlafbus mit eigener Kabine und Vorhang nach Saigon.
III. Saigon
Wieder rein ins Getümmel und Expat-Life
Wieder sind wir überwältigt vom vielen Verkehr, den fehlenden Gehwegen und den vielen Menschen. Ich bin froh als wir das Gepäck los sind und so machen wir einen ausgedehnten Stadtspaziergang. Auf unserem Weg liegt auch das Museum für Kriegsverbrechen, das verstörende Bilder vom amerikanischen Krieg und die Folgen des Einsatzes von Agent Orange zeigt. Wieder mal schwere Kost. Anschließend bummeln wir durch die Stadt und sehen dabei gefühlt alle Sehenswürdigkeiten der Stadt. Nach einem kurzen Besuch in Chinatown und leckeren Dumplings haben wir aber genug vom Gewusel und ziehen uns ins klimatisierte Café zum Recherchieren und Planen zurück.
Am Abend sehen wir eine ganz andere Seite der Stadt. Wir besuchen eine Bosch-Arbeitskollegin und tauchen kurz ins Expat-Leben ein. Eye ist Thailänderin und aktuell als Trainee in Vietnam eingesetzt, da ihr italienischer Mann ebenfalls dort als Expat arbeitet. Wir warten in der Lobby und zum ersten Mal fühlen wir uns mit unseren dreckigen Rucksäcken etwas fehl am Platz. Wir wohnen im 31. Stock und haben einen tollen Blick über die Stadt. Das Gebäude hat sogar einen Pool und ein Fitnessstudio. Hier können wir es aushalten.
An Silvester koch Eye thailändisch (natürlich in europäisch-abgeschwächter Schärfe) und als Dessert gibt es echt italienischen Panettone. Das Feuerwerk über der Innenstadt beobachten wir direkt von unserem Schlafzimmerfenster aus. Ein schöner Start in 2020!
Am Neujahrstag besuchen wir die Cu-Chi-Tunnel, die den Vietcong während des amerikanischen Krieges als Versteck dienten. Die ausgefeilten Tunnelsysteme, Fallen und Überlebensstrategien sind beeindruckend. Gleichzeitig aber auch bedrückend, wie wenig Platz in den unterirdischen Gängen ist und unter welchen Umständen die Vietcong dort gelebt haben. Schwer vorstellbar, dass dieser Ort vor nicht allzu langer Zeit Kriegsgebiet war. Und nun trotten im Minutentakt Touristen darüber und manche verballern ihr Geld am Schießstand mit echten Gewehren aus der Zeit. Richtig absurd.
Abends gehen wir zum Abschluss in ein dänisches Restaurant mit landestypischen Preisen essen. Das passt garnicht gut zu unserem Tagesbudget aber muss ja auch mal sein. Es war auf jeden Fall sehr interessant und vor allem auch entspannend einen kurzen Einblick ins Expat-Leben zu bekommen und so eine ganz andere Seite von Saigon zu sehen.
Nun steht uns eine Grenzüberquerung mit dem Bus nach Phnom Penh bevor, die noch ein paar Herausforderungen für uns bereithält.