Golden Bay, Abel-Tasman und die Westküste
Von feinsandigen Stränden zu rauen Klippen und Gletschern
Bericht No. 11
Quick Facts
- Land: Neuseeland (Nordwesten der Südinsel)
- Reisezeitraum: 08.02.2020 – 16.02.2020
- Route:
I. Golden Bay
Eine vielversprechende Empfehlung
Die Landschaften, die wir im zweiten Teil unseres Roadtrips auf der Südinsel sehen, könnten unterschiedlicher nicht sein. Breite feinsandige Strände und türkisblaues Wasser im Abel Tasman Nationalpark bis hin zur rauen und spärlich besiedelten Westküste, die viele Jahre zunächst von Goldgräbern und dann vom Kohlebergbau geprägt war.
Der Neuseeländer, den wir auf dem letzten Campingplatz im Marlborough Sound trafen, schwärmte von der Golden Bay: einsame Strände, Ruhe und schöne Natur. Das hört sich ganz nach unserem Geschmack an und so steuern wir dort den beschaulichen Ort Collingwood an. Dieser besteht aus kaum mehr als einer Straße mit ein paar Cafés, einem Supermarkt und historischem Friedhof. Genau das richtige zum Entspannen. Bei dieser Beschaulichkeit scheint es heute undenkbar, dass der Ort Mitte des 19. Jahrhunderts als neue Hauptstadt im Gespräch war. Mit den schwindenden Goldvorräten an der Westküste war diese Idee jedoch schnell wieder vom Tisch.
Wenn man die sichelförmige Golden Bay auf der Karte betrachtet fällt ganz im Norden ein unglaublich langer, schmaler Sandstreifen auf. Der Farewell Spit ragt 25km weit ins Meer hinaus und in den Sanddünen nisten zahlreiche Vogelarten. Leider stranden hier im Januar auch immer wieder Wale, die die Landzunge nicht richtig erkennen können. Wir wollen uns die Dünen in Natura anschauen. Als wir am Wanderweg ankommen merken wir jedoch, dass wir leider nicht die beste Zeit des Tages gewählt haben. Die Flut steht hoch und so ist der Zugang überschwemmt. Wir drehen kurzerhand wieder um und fahren zum nahegelegenen Wharariki Beach weiter.
Wharariki Beach – Nicht ganz so wie beim Windows Hintergrund.
Bei meiner Recherche kamen mir die auf den Bildern dargestellten Felsen irgendwie bekannt vor. Es stellte sich heraus, dass ich sie von meinem Windows Desktop Hintergrund kenne. So oft habe ich mir die Joggerin am Strand zu Hause angeschaut und nun sind wir selbst da. Schon toll, auch wenn es bei Flut und ohne golden hour natürlich komplett anders aussieht. Eher Nordseefeeling.
Auf dem Rückweg sind wir erstaunt, was in der Zwischenzeit mit der Straße passiert ist. Sie führt am Ufer der Golden Bay entlang und einzelne Abschnitte sind von der Flut nun komplett überschwemmt. Bevor wir dies realisieren können sind wir auch schon durchgefahren. Das Ganze muss spektakulär aussehen. Beim Durchqueren der nächsten überfluteten Stelle werden wir prompt aus einem Auto des Gegenverkehrs fotografiert. Die Aufnahmen hätten wir auch gerne!
Das grüne Neuseeland hält noch mehr Erstaunliches für uns bereit. Bei den Te Waikoropupū Quellen werden 14.000 Liter Wasser pro Sekunde (!) ausgestoßen. Es gleicht einem Whirlpool: aus weißem Sand am Boden strömt klares Trinkwasser nach oben. Der helle Sand reflektiert das Licht und lässt das Wasser türkis und die darin schwimmende Vegetation grün leuchten.
Waikoropupu Quellen – Tauchen ist leider nicht erlaubt 🙂
Das gleichmäßig aufsteigende Wasser ist so schön, dass ich es stundenlang betrachten könnte. Wie gerne würde ich meine Hände hineintauchen doch die Quelle ist sorgfältig abgesperrt. Für die Maori hat sie eine spirituelle Bedeutung und ihr Wasser ist für sie heilig.
In Laos konnten wir zum ersten Mal eine solch sprudelnde Quelle reinen Trinkwassers sehen und auch berühren. Und nun, zwar weit entfernt aber nur wenige Wochen später, sind wir erneut an einem so besonderen Ort in noch viel größerem Ausmaß. Irgendwie surreal!
II. Abel Tasman Nationalpark
Feinsandige Strände und türkisfarbenes Wasser
Der kleinste Nationalpark Neuseelands ist für seine tollen Strände, türkisfarbenen Buchten und Karstfelsen bekannt. Er wurde 1942 gegründet, genau 300 Jahre nachdem der Niederländer Abel Tasman als erster Europäer in Neuseeland landete.
Durch den Park führt an der Küste entlang ein 60 km langer Great Walk. Die meisten Touristen sind im unteren, leicht per Boot zugänglichen Teil unterwegs. Auf dem DOC Campingplatz Totaranui im oberen, weniger besuchten Teil des Nationalparks hoffen wir auf ein wenig Abgeschiedenheit. Eine rund 20 km lange Tageswanderung führt uns zum Separation Point, dem unteren Zipfel der Golden Bay. Wir wandern durch grüne Wälder mit Nikkau-Palmen und riesigen Baumfarnen, hören das laute Zirpen der Zikaden und stapfen über feinsandige Strände, die nur zu Fuß oder per Boot zu erreichen sind.
Kurz vor der Ende der Wanderung sind Camper und damit Kaffee und Kekse schon in Sichtweite. Leider trennt uns davon aber eine recht breite Bucht mit Wasser, das nach der Flut noch nicht wieder ins Meer zurück gelaufen ist. Der Weg ist eigentlich nur bei Ebbe passierbar aber zum Glück haben wir ja die Badesachen dabei. Mit Bikini, Badehose und Rucksack auf dem Kopf waten wir also durch das zum Glück nur hüfttiefe Wasser. Umweg gespart und so können wir direkt ins Meer springen – richtig angenehm nach der langen Wanderung.
Wir lernen Andi und Helene kennen, zwei Österreicher, die ebenfalls länger auf Reisen sind. Ihr Budget ist etwas knapper bemessen und so sind sie mit Kombi und 1,40er Luftmatratze unterwegs. Sie begutachten neugierig unseren Camper aber ihrer Stimmung scheint das Übernachten im Auto keinen Abbruch zu tun. Nach nun 5 Tagen müssen sie los, da alle Vorräte aufgebraucht sind. Erstaunlich wie lange sie ohne Kühlschrank ausgehalten haben. Interessant ist auch, dass sie lieber länger an einem Ort verweilen und dafür einige Sehenswürdigkeiten auslassen.
Da sind wir schon schneller unterwegs. Auch wir wählen unsere Orte sorgfältig aus aber gleichzeitig gibt es auf der Südinsel einfach so viel zu entdecken. Und wer weiß, wann wir nochmal hierher kommen. Mal wieder tritt unser ewiger Zwiespalt zu Tage. Denn gleichzeitig wissen wir, dass meist die Orte im Gedächtnis bleiben, an denen man mehr Zeit verbringt. Zum Glück können wir mit unserem Camper völlig frei entscheiden, wohin und auch wie schnell wir weiterreisen möchten. Wir entschließen uns an der Westküste etwas Strecke zu machen, um an Orten wie dem Milford Sound mehr Zeit verbringen zu können.
Als wir aufbrechen drehen die drei Rädchen der Kilometeranzeige von 999 km enttäuschenderweise auf 000 weiter. Ein neuer Abschnitt beginnt, nicht nur auf dem Tacho. Auf geht’s zur rauen Westküste!
III. Westküste und Franz Josef Gletscher
Die Pause kommt auch ohne unser Zutun
Die Rädchen der Kilometeranzeige rattern fleißig, während wir uns über äußerst kurvenreiche Straßen in Richtung des über 500 km entfernten Franz Josef Gletschers bewegen. Natürlich nicht alles an einem Stück.
Den ersten Übernachtungsstopp machen wir auf einem kostenlosen Parkplatz am Strand in Westport. Wir merken wieder, dass uns nicht die Geschwindigkeit sondern eher das Thema „unzureichende Santitäranlagen“ zu schaffen macht. Zudem ist einer meiner Turnschuhe spurlos verschwunden. Ich verdächtige zunächst ein allzu neugieriges Weka und suche in den umliegenden Dünen am Strand. Doch leider ohne Erfolg! Wahrscheinlich ist er nun einer dieser einzelnen Schuhe, die man manchmal am Wegesrand sieht und sich fragt, wie sowas passieren kann. So ist das wenn man viel unterwegs ist und alles mit sich rumträgt. Julian lässt sich durch meine schlechte Laune dazu verleiten, mir Schuhshopping auf der Nordinsel in Aussicht zu stellen, was die Stimmung gleich wieder hebt.
Beim Rapahoe Bay Holiday Park kurz vor Greymouth ist auch dank warmer Dusche und Stellplatz am Meer alles wieder im Lot. Die Anlage steht durch das hohe Alter der Inhaber aktuell zum Verkauf und wirkt wie aus der Zeit gefallen. An allen Ecken sind Renovierungen nötig, doch man spürt den Charme vergangener Zeiten. Besonders im Strandhaus. Beim Blick durch die großen, lichtdurchfluteten Fenster sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Was man daraus alles machen könnte?
Auf dem Weg zum Franz Josef Gletscher fällt uns eine mobile Warntafel mit der Inschrift „heavy rain“ auf. Wir recherchieren und stellen fest, dass sich der Ausläufer eines Zyklons Neuseeland nähert. Dieser soll am kommenden Tag Neuseeland erreichen und sich an der Westküste und den dahinterliegenden neuseeländischen Alpen abregnen. Uns erwartet wohl ein ordentlicher Regentag!
Daher wandern wir direkt nach der Ankunft zum Gletscher. Dieser wurde nach dem damals regierenden österreischischen Kaiser benannt und reichte einst bis ins Meer. Die Besonderheit ist die fast tropische Vegetation in unmittelbarer Umgebung des Eises. Mittlerweile ist die Gletscherzunge durch die weltweit steigenden Temperaturen aber auch deutlich zurückgegangen. Mit welcher Geschwindigkeit dies vonstatten ging wird auf den noch recht neuen Informationstafeln deutlich. Besonders erschreckend ist, welcher Rückgang bis 2100 geschätzt wurde und wo sich der Gletscher heute schon befindet.
Auch wenn der Regentag nicht so stürmisch und extrem ausfällt wie vorhergesagt, tut er uns gut. Wir bearbeiten Bilder, schreiben am Blogartikel und schauen den neu ankommenden Nachbarn zu, wie sie panisch im Regen einen Stellplatz suchen. Eine tolle Beschäftigung, wenn man selbst unter einer dicken, warmen Decke im Trockenen sitzt.
Am Tag darauf hängen Nebel und Regenwolken immer noch tief. Doch als wir die neuseeländischen Südalpen durch eine enge Schlucht erklimmen wird uns klar, dass dieses trübe Wetter auf die Westküste beschränkt ist. Langsam klart es auf und die Wolken geben den Blick auf die spektakuläre Berglandschaft frei.
Die Anfahrt – Auf dem Weg vom Franz Josef Gletscher durch die Wolken zum Lake Hawea.
Dahinter liegen zwei tiefblaue Seen – Lake Hawea und Lake Wanaka. Wir kurbeln die Fenster herunter und angenehm warme Luft strömt herein. Der Sommer ist zurück! Hier könnten wir uns vorstellen, freiwillig ein paar extra Tage zu verbringen. Mal sehen wohin es uns verschlägt.